© hc consulting AG 05.2024

PKV und GKV klar getrennt

BSG: Az. B 1 KR 34/18 R zu Wahltarifen der AOK

Die Continentale Krankenversicherung a.G. hat die AOK Rheinland/Hamburg – die Gesundheitskasse Krankenversicherung zu der Frage Dürfen Krankenkassen ihren Versicherten Extras wie besonderen Auslandskrankenschutz als Wahltarif anbieten“? verklagt. Das Verfahren läuft seit 2014. Jetzt hat das Bundessozialgericht BSG entschieden und gab der Klage der Conti inhaltlich vollständig statt: Gesetzliche Krankenkassen GKV dürfen der privaten Krankenversicherung PKV im Bereich der Zusatzversicherungen keine Konkurrenz machen, für die Wahltarife der AOK gibt es keine gesetzliche Grundlage.

Angeboten hat die AOK seit 2007 Tarife mit Kostenerstattung für Zuzahlungen, das Ein-oder Zweibettzimmer im Krankenhaus, Brillen, die häusliche Krankenpflege, kieferorthopädische Leistungen, Zahnersatz, Zahnvorsorgeleistungen und die Auslandskrankenversicherung. Gut 500.000 Versicherte der AOK haben dieses Angebot mit einem oder mehreren Wahltarifen angenommen. Keine andere GKV hat Zusatzversicherungen in diesem Umfang angeboten. Meistverkauftes Produkt der AOK-Zusatzversicherungen soll die Auslandskrankenversicherung sein. Die 500.000 Kunden der AOK verlieren jetzt ihre „privaten“ Zusatzversicherungen.

Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz 2007 wurde die Möglichkeit von Zusatzleistungen für die GKV geschaffen, diese basieren wie in der PKV auf dem Kostenerstattungsprinzip, müssen sich aber selbst tragen und dürfen den Leistungskatalog der GKV nicht ausdehnen. Im Rahmen von Satzungsleistungen der AOK sind Mehrleistungen möglich, diese müssen aber durch den regulären Beitragssatz finanziert sein und müssen für alle Versicherten Gültigkeit haben. Zudem sind laut dem Urteil Zusatzleistungen nur für komplette Leistungsbereiche wie die Zahnbehandlung oder die stationäre Krankenhausbehandlung zulässig, nicht aber für ausgewählte Einzelleistungen wie etwa Zahnersatz oder nur das Einzelzimmer.

Vorweg hat das BSG die wichtige Frage der Klagebefugnis der privaten Krankenversicherung Continentale geprüft. Im Ergebnis sind die gesetzlichen Schranken der GKV drittschützend. Die PKV hat somit in dieser Frage einen Unterlassungsanspruch gegenüber der GKV. Gesetzliche Krankenkassen dürfen der PKV im Bereich der Zusatzversicherungen keine direkte Konkurrenz machen.

Im selben Atemzug hat das BSG (B 1 KR 16/18 R) es der AOK untersagt, mit Vergünstigungen von sogenannten Vorteilspartnern zu werben. Online hatte die AOK mit Nachlässen und Rabatten bei Besuchen von Freizeitparks, Bädern und Kochkursen geworben. Beim Kauf von Fahrrädern erhielten AOK-Versicherte einen Helm geschenkt. Auch hier betonten die Kasseler Richter, dass sich die gesetzlichen Krankenkassen „innerhalb des gesetzlichen Aufgabenbereichs bewegen“ müssen. Kläger war in diesem Fall der Verband der Ersatzkassen.

Durch das Urteil des BSG wird die Trennung von GKV und PKV weiter definiert und das Existenzrecht der privaten Krankenversicherung ein weiteres Mal formuliert und gefestigt. Im Hinblick auf den Dauerbrenner Bürgerversicherung sollte das Urteil ebenfalls nicht unterschätzt werden.